Meine Rechte rund um Sexualität
In den Medien werden immer wieder Übergriffe thematisiert, über welche die Opfer endlich sprechen können. Doch wie schützt mich das Recht vor einem möglichen Missbrauch? Bin ich völlig frei in meiner Sexualität? Was sind meine Rechte in Bezug auf meine Sexualität, und wie kann ich diese geltend machen?
Die Prävention von Missbrauch
Das Strafrecht sieht keine besonderen zusätzlichen Rechte für Menschen mit Behinderungen vor. Es bemüht sich darum, alle Menschen gegen Angriffe auf ihre sexuelle Integrität zu schützen. Gewisse, im Folgenden kurz angesprochenen Gesetzesartikel verfügen jedoch über eine verstärkte Komponente mit Blick auf die Täter-Opfer-Beziehung und deren Macht- bzw. Abhängigkeitsverhältnis. In diesem Sinne gestehen sie in Situationen, in welchen sich Menschen mit Behinderungen mitunter häufiger wiederfinden, einen spezifischeren Schutz zu.
Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es im Vorfeld einer potenziell strafrechtlichen Situation oft eine «Grauzone» gibt. In dieser «Grauzone» wäre es ratsam, sorgfältig mit Grenzverletzungen, die noch keinen Straftatbestand darstellen, umzugehen und Voraussetzungen zu schaffen, um solche zu erkennen. Das Erkennen und entsprechende Handeln in solchen risikobehafteten Situationen ermöglicht den Schutz aller Beteiligten und vermeidet Leid aller Art.
Auf der Website von Procap Schweiz findet sich der «Verhaltenskodex zur Prävention von Grenzverletzungen und sexuellen Übergriffen». Darin werden konkrete Instrumente angesprochen, die eingesetzt werden können, damit potenziell problematische Situationen nicht zu einem Übergriff führen.
Strafrecht
Das Strafrecht schützt vor allem Personen, die in einem Erziehungs-, Betreuungs- oder Arbeitsverhältnis stehen oder die auf andere Weise abhängig sind (Art. 188 Schweizerisches Strafgesetzbuch). Die Ausnützung dieser Abhängigkeit, um zu einer sexuellen Handlung zu verleiten, ist eine Straftat. Das Strafrecht sieht umso grössere Sanktionen vor, wenn an einer urteilsunfähigen oder einer zum Widerstand unfähigen Person in Kenntnis ihres Zustandes sexuelle Handlungen vorgenommen werden (Art. 191 Schweizerisches Strafgesetzbuch). Es handelt sich dabei um kriminelle Handlungen, die von Amtes wegen verfolgt werden. Deshalb ist es nicht notwendig, Strafanzeige zu stellen. Dennoch muss der Sachverhalt auf die eine oder andere Weise der Staatsanwaltschaft oder der Polizei zur Kenntnis gebracht werden (Anschuldigung).
Schutz der Privatsphäre (Art. 13 Bundesverfassung)
Selbstbestimmung ist einer der grundlegenden Aspekte des Privatlebens und folglich seines Schutzes. In diesem Sinne darf niemand ohne seine Zustimmung zu sexuellen Handlungen gezwungen werden. Andernfalls wird ein solches Verhalten strafrechtlich sanktioniert.
Die Situation ist allerdings weitaus komplexer, wenn die betroffene Person zwar einverstanden, aber nicht zwangsläufig in der Lage ist, selbstbestimmt zu handeln, oder von einer Behörde abhängig ist.
Dabei geht es vor allem um Personen, die in Einrichtungen leben bzw. deren Urteilsvermögen eingeschränkt ist.
Verhaltenskodex zur Prävention von Grenzverletzungen und sexuellen Übergriffen
Marc Zürcher
Anwalt