Was tun, wenn ein Vorbescheid kommt?

Ich habe von der IV-Stelle einen sogenannten Vorbescheid erhalten. Die IV schreibt darin, dass sie an das von mir beantragte Hilfsmittel nur einen Kostenbeitrag leiste, und stützt sich dabei auf interne und externe Abklärungen, von denen ich keine Kenntnis habe. Wie gehe ich nun vor?

Mit dem Vorbescheid informiert Sie die IV-Stelle über einen vorgesehenen Entscheid und gibt Ihnen gleichzeitig Gelegenheit, sich dazu zu äussern. Wichtig ist, schnell auf einen Vorbescheid zu reagieren: Es läuft eine Frist von nur 30 Tagen, in der Sie Einwände gegen den Vorbescheid erheben können.

Prüfen Sie deshalb den Vorbescheid unmittelbar nach dem Erhalt. Wenn die IV-Stelle im Vorbescheid auf Abklärungsberichte oder Gutachten hinweist, diese Berichte aber nicht mitschickt, fordern Sie die Akten an. Als betroffene Person haben Sie das Recht, in Ihr IV-Dossier Einsicht zu nehmen. Sie können die Akten telefonisch verlangen, auch ohne besondere Begründung. Für die Akteneinsicht stehen zudem auf den Internetseiten der IV-Stellen Formulare zur Verfügung. Selbstverständlich kann Procap bei einem Gesuch um Akteneinsicht behilflich sein. Genaue Aktenkenntnis ist stets Voraussetzung für eine Beratung. Falls Sie Unterstützung durch Procap benötigen, teilen Sie uns dies bitte so schnell wie möglich mit. Nur dann bleibt genügend Zeit für das Aktenstudium, Besprechungen, zusätzliche Abklärungen und das rechtzeitige Einreichen des Einwandes innerhalb der Frist.

Den Vorbescheid einschätzen

Bei Hilfsmitteln sind oft technische Punkte strittig. Hier könnte Ihnen die Person des Hilfsmittellieferanten weiterhelfen, welche Sie beim Gesuch unterstützt hatte. Fragen Sie nach, ob die Fachperson bereit wäre, den Abklärungsbericht der IV zu lesen und Ihnen eine Rückmeldung zu geben. Es geht zunächst um eine Einschätzung. Bevor Sie Stellungnahmen oder sogar Expertisen einholen, klären Sie unbedingt die Kostenfrage ab. Denn die IV hat mit dem Vorbescheid das Abklärungsverfahren abgeschlossen und kommt in der Regel nicht mehr für zusätzliche Kosten auf.

Sobald eine Uneinigkeit mit der IV absehbar ist oder das Bedürfnis nach Rechtsschutz besteht, ist es sinnvoll, Ihren Fall bei Ihrer Rechtsschutzversicherung anzumelden. Klären Sie ab, ob in Ihrer Versicherungspolice eine Beratung im Sozialversicherungsrecht gedeckt ist. Ein «Rechtsschutz» kann auch über die Krankenkasse, die Mitgliedschaft bei einem Berufsverband oder etwa über ein Zeitschriftenabonnement versichert sein.

Mit Vorteil schriftlich

Der Einwand ist das rechtliche Mittel, das Ihnen zur Verfügung steht, um sich gegen einen Vorbescheid zu wehren. Nur Sie als betroffene Person haben die Möglichkeit, einen Einwand mündlich bei der IV-Stelle zu Protokoll zu geben. Procap empfiehlt jedoch, Einwände schriftlich zu machen. Besondere formelle Anforderungen bestehen dafür nicht. Der Einwand geht in Briefform an die IV-Stelle und muss einen Antrag mit Begründung enthalten; legen Sie also Ihren Standpunkt dar und halten Sie fest, weshalb Sie nicht einverstanden sind mit dem vorgesehenen Entscheid.

Falls Sie keinen Einwand erheben, wird die IV-Stelle nach Ablauf der Frist eine Verfügung erlassen, die inhaltlich gleich lautet wie der Vorbescheid. Gegen diesen Entscheid steht dann nur noch der Gerichtsweg offen, wobei das Beschwerdeverfahren kostenpflichtig ist und Zeit in Anspruch nehmen wird. Es ist deshalb sinnvoll, stets gegen Vorbescheide zu intervenieren, mit denen Sie nicht einverstanden sind. Benutzen Sie das Ihnen eingeräumte Recht auf eine vorherige Anhörung verbunden mit der Möglichkeit, sich zum Abklärungsergebnis zu äussern, weitere Unterlagen einzureichen und Anträge zu stellen. So vertreten Sie Ihren Standpunkt. Gleichzeitig dient ein Einwand der Sachaufklärung und der Verständigung.

Wir empfehlen unseren Mitgliedern, sich umgehend nach Erhalt eines Vorbescheides bei der zuständigen Beratungsstelle ihrer Procap-Sektion zu melden.

Karin Wüthrich
Rechtsanwältin