Wichtiges zur IV-Revision

Mit der IV-Revision sind per 1. Januar 2022 einige Änderungen in Kraft getreten. Besteht für Betroffene nun Handlungsbedarf? In der Folge einige Empfehlungen des Procap Rechtsdiensts im Überblick.

IV-Renten

Die Überführung bestehender IV-Renten in das neue stufenlose Rentensystem macht die IV von Amtes wegen. Sie müssen nichts unternehmen. Für über 55-jährige Personen gibt es keine Änderung. Für unter 30-jährige Personen kommt es spätestens nach zehn Jahren zu einer Anpassung. Für alle anderen erfolgt eine Überführung in das stufenlose Rentensystem nur bei einer Revision, die jeweils automatisch erfolgt, wenn sich zum Beispiel der Gesundheitszustand verändert. Neu muss die Änderung des Invaliditätsgrades zudem mindestens 5 Prozent betragen. Unsere Empfehlung: Möchten Sie von sich aus ein Rentenerhöhungsgesuch stellen, beispielsweise wegen einer Verschlechterung Ihres Gesundheitszustandes, so wenden Sie sich am besten zuerst an eine unserer Beratungsstellen.

Bei einer von der IV angeordneten medizinischen Begutachtung werden die Interviews neu in jedem Fall auf Tonband aufgezeichnet. Wir empfehlen Ihnen, nicht im Vorhinein auf die Tonaufnahmen zu verzichten.

Berufliche Massnahmen

Beratung und Begleitung bei den beruflichen Massnahmen wurden ausgebaut und werden früher gewährt. Bei Bedarf können Sie bei der IV ein neues Gesuch stellen.

Änderungen beim Taggeld erfolgen vor allem bei der erstmaligen beruflichen Ausbildung und werden von der IV von Amtes wegen vorgenommen. Bei laufenden Taggeldleistungen wird jedoch weitgehend der Besitzstand gewahrt, und es ist mit keiner Reduktion zu rechnen. Sie müssten also nichts unternehmen.

Assistenzbeitrag

Im Rahmen der IV-Weiterentwicklung wurden nicht nur die Nachtpauschalen deutlich erhöht, sondern auch die Möglichkeit geschaffen, die nicht durch Assistent*innen abgedeckten Nächte in Tagstunden umzuwandeln. Jede Nachtpauschale, die in Tagstunden umgewandelt werden soll, muss im Rechnungsformular begründet werden. Grund kann beispielsweise sein, dass die Hilfe nachts unentgeltlich durch Angehörige erbracht wurde und nicht von der Assistenzperson selbst.

Die Beratungspauschale kann neu alle drei Jahre beansprucht werden. Dazu muss ein begründetes Gesuch (beispielsweise neue Arbeitsverträge, Änderung der Abrechnungsformulare) eingereicht werden.

Geburtsgebrechen

Für medizinische Massnahmen der IV wurde die Liste der der Geburtsgebrechen stark angepasst und erweitert. Sie werden direkt von der IV informiert, wenn ein Geburtsgebrechen nicht mehr anerkannt wird, weil es aus der Liste gestrichen wurde. In diesem Fall ist neu die Krankenkasse zuständig. Umgekehrt: Wenn eine Krankheit neu als Geburtsgebrechen anerkannt wird, empfiehlt sich eine Anmeldung bei der IV.

Geburtsgebrechen: Spezialfall Autismus

Für Kinder mit Autismus-Spektrum-Störung (ASS) galt bisher, dass die Diagnose bis zum fünften Altersjahr gestellt werden musste, um als Geburtsgebrechen anerkannt zu werden. Die Altersgrenze wurde neu gestrichen, da nicht bei allen Patient*innen einer ASS die Krankheit so früh erkannt wurde. Bei allen Kindern, bei welchen die Diagnose einer ASS nach dem fünften Altersjahr gestellt wurde, empfiehlt es sich auf jeden Fall, möglichst bald ein neues Gesuch für medizinische Massnahmen einzureichen. Wichtig: Die Diagnose sollte, wenn immer möglich, von einer auf ASS spezialisierten medizinischen Fachperson gestellt werden und aufzeigen, dass eine Behandlung unbedingt notwendig ist.

Weitere Informationen finden Sie im Procap-Ratgeber zur IV-Weiterentwicklung.

Silvan Meier-Rhein
Anwalt